Im Plot haben wir festgestellt, dass unser Protagonist einen Wunsch haben soll und er alles dafür tun muss, dass dieser in Erfüllung geht. Wir haben auch festgestellt, dass immer mehr Hindernisse in den Weg gelegt werden müssen, damit unser Protagonist zeigen kann, wie er wirklich ist. Der Leser will erleben, wie der Protagonist kämpft. Er will nicht Zeuge sein, wenn eine schöne Frau oder ein Lottogewinn vom Postboten gebracht werden. Nehmen Sie sich Zeit, Ihren Protagonisten kennenzulernen, versuchen Sie herauszufinden, ob er Löcher in seinen Socken hat oder ob er sich vor dem Schlafen die Zähne putzt. Sie müssen alles über ihre Figuren wissen, aber verraten dürfen Sie nur einen Bruchteil davon. 

  • Wie heißt Ihr Protagonist? Hat er einen Spitznamen? Wie ist seine Familiensituation? Leben die Eltern noch? Wo? Wer in seinem nahen Umfeld ist wann gestorben? Wann hat er das erste Mal Erfahrung mit dem Tod gemacht?
  • Was macht er beruflich?
  • Wie war seine Schulzeit? Sein Studium? Seine Ausbildung?
  • Wie sieht er aus (Haarfarbe, gefärbt,  Bart, Augen, Größe etc)?
  • Hat er besondere Merkmale (Muttermal, Narben, verschiedene Augenfarben)
  • Wer sind seine Freunde? Hat er keine? Viele? Mit wem ist er am liebsten zusammen? Hat er Feinde? Wen würde er am liebsten nie wieder sehen? 
  • Wo ist er geboren? Hat er immer an einem Ort gelebt? Was bezeichnet er als sein Zuhause?
  • Wohin geht er, wenn er wütend ist? 
  • Was ist seine größte Angst? Wer weiß davon? 
  • Hat er ein Geheimnis?
  • Was bringt ihn dazu, laut aufzulachen?
  • Wann war er das letzte Mal richtig verliebt? In wen? Hat er Liebeskummer? Hat er ihn überwunden?
  • Was ist in seinem Kühlschrank? Im Mülleimer? Auf dem Nachttisch?
  • Wohin geht  er Samstagabend?
  •  Mit wem verbringt er den Sonntagnachmittag?
  • Woran denkt er, wenn er an seine Kindheit denkt? Gibt es einen typischen Geruch, der ihn dorthin zurückbringt?
  • Ihr Protagonist räumt gründlich auf. Fällt es ihm leicht, etwas in den Mülll zu werfen? Wovon kann er sich gar nicht trennen?
  • Was ist er wochentags zum Frühstück? Was am Sonntagmorgen? Mit wem?
  • Nennen Sie eine Erinnerung, die er in seinem Herzen trägt?
  • Ihr Charakter geht aus. Was zieht er an? Mit wem trifft er sich?
  • Schreibt er Mails? Viele? Schreibt er Briefe? Postkarten? Was tut er mit denen, die er bekommt?
  • Wann stellt er sein Handy aus?

Sie fragen sich, wieso Sie sich solche Mühe machen müssen? Womöglich auch noch bei allen Figuren in Ihrer Geschichte? Dabei ist es nur ein Kurzgeschichte von vielleicht sechs Seiten? Zu Ihrer Erleichterung: Es sind nicht alle Charaktere, die Sie derart unter die Lupe nehmen müssen, nur die wichtigsten. Aber eins steht fest: Die Kurzgeschichte erfordert nicht weniger Mühe und Arbeit als ein Roman,der einzige Unterschied ist die sichtbare Anzahl der Wörter. Gerade in der Kurzgeschichte müssen Sie Ihren Protagonisten genau studieren, denn er ist der, der dafür sorgt, dass man sich an Ihre Geschichte erinnert.

Hier ist der Fragebogen von Marcel Proust, falls Sie noch mehr über Ihre Charaktere herausfinden wollen.